9. Februar 2021. Großer Erfolg für die Beschäftigten des indischen H&M-Zulieferers Gokaldas und der Textilarbeitergewerkschaft GATWU: Nach monatelangen Auseinandersetzungen konnte die Wiederanstellung aller im vergangenen Jahr gekündigten Arbeiterinnen und Arbeiter durchgesetzt werden! Wie es in dem von Gewerkschaft und Unternehmensleitung unterzeichneten Abkommen heißt, soll die Wiedereinstellung bis August abgeschlossen sein, zudem gibt es eine Reihe von Vereinbarungen über die Nachzahlung von Löhnen und ausstehenden Sozialbeiträgen. Abfindungszahlungen werden nicht verrechnet und müssen nicht zurückgezahlt werden. Die GATWU wird in allen Standorten von Gokaldas Exports als gewerkschaftliche Verhandlungspartnerin anerkannt, sobald sich 20 Prozent der Beschäftigten in ihr organisiert haben.
Gokaldas Exports hatte während des ersten Lockdowns in Indien im vergangenen Mai seine „Euro Clothing Company 2“ (ECC-2) im Bundesstaat Karnataka geschlossen, alle 1257 Beschäftigten entlassen und begonnen, die Maschinen abzubauen. Die Kündigungen waren nach den indischen Bundesgesetzen jedoch illegal. Offenkundig hatte die Coronavirus-Pandemie dem Unternehmen ohnehin nur als Vorwand gedient, um die im Betrieb aktive Gewerkschaft GATWU loszuwerden, denn Gokaldas betreibt mehr als 20 Produktionsstätten, und nur die in Karnataka sollte dichtgemacht werden – die einzige, in der sich die Arbeiterinnen und Arbeiter gewerkschaftlich organisiert haben.
In ECC-2 wurde fast ausschließliche Ware für H&M produziert. Die Unternehmensleitung erklärte, der schwedische Moderiese habe im Zuge der Pandemie Aufträge storniert und damit die Betriebsschließung verursacht. H&M wies das zurück und erklärte, man habe für alle produzierten Waren bezahlt und werde „Aufträge, für die die Produktion bereits gestartet ist, nicht stornieren“. Darüber hinaus arbeite man auf allen Ebenen daran, „die Situation aus der Perspektive von Mitarbeitern, Unternehmen und Umwelt bestmöglich zu managen“.
Die Realität sah anders aus, wie die GATWU erklärte. Die Arbeiterinnen hätten seit 2014 ununterbrochen Mode für H&M hergestellt, und Gokaldas habe deshalb allein für 2019 einen Gewinn von umgerechnet rund 4,5 Millionen Euro ausweisen können, H&M selbst meldete für das gleiche Jahr einen Profit von knapp 1,6 Milliarden Euro. „Selbst in normalen Zeiten macht es die globale Modeindustrie den Arbeitskräften in armen Ländern – die Kleidung herstellen für Menschen in reichen Ländern – schwer, mit dem Armutslohn zu überleben, der ihnen gezahlt wird. Da der globale Bekleidungshandel zum Stillstand gekommen ist, haben die Unternehmen das Erwartete getan: Sie haben dafür gesorgt, dass die Arbeiter die Risiken tragen, während das Kapital die Gewinne beansprucht.“
Doch während sich die Kolleginnen und Kollegen von Gokaldas nicht unterkriegen ließen und unter anderem mit Sitzstreiks gegen die Maßnahmen des Unternehmens protestierten, gefährdete der schwedische Moderiese durch sein Verhalten immer wieder eine Einigung, so die Gewerkschaften. Vielmehr seien wiederholt die Verhandlungen behindert worden.
In einer Videobotschaft dankte Gautam Mody, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes NTUI – dem auch die GATWU angehört – den Kolleginnen und Kollegen von H&M in Deutschland sowie ihrer Gewerkschaft ver.di für die aktive Solidarität. Zugleich verurteilte er die von dem Unternehmen in der Bundesrepublik geplanten Entlassungen und kündigte an, dass nun die indischen Kolleginnen und Kollegen ihrerseits Solidarität üben werden.
Weit über den konkreten Einzelfall hinaus ist das Ergebnis des Arbeitskampfes ein großer Erfolg für die Gewerkschaften des Landes. Zum ersten Mal ist in der indischen Bekleidungsproduktion eine Gewerkschaft anerkannt worden, und auch die zentrale Forderung nach Wiedereröffnung des Standorts wurde erfüllt.
Arbeitskampf in Indien (Juni 2020)
Union wins reinstatement of 1,257 workers in India (IndustriAll, 8. Februar 2021)