14. Dezember 2020. Auf Einladung der Esprit-Unternehmensleitung ist es am 8. Dezember zu einem ersten Tarifgespräch zwischen ihr und der ver.di-Bundestarifkommission (BTK) gekommen. Der Anlass dafür: Noch während des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung hatte Esprit den Anerkennungstarifvertrag zum 31. Dezember 2020 gekündigt. Die Arbeitgeberseite wollte sich so von der Bezahlung nach den Flächentarifverträgen des Einzelhandels verabschieden und verwies auf die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens – auf einen vorübergehenden Zustand also. Wie jetzt aber deutlich wurde, soll diese Tarifflucht dauerhaft geschehen, was von ver.di strikt abgelehnt wird.
Auch die vorliegenden Fakten sind eindeutig: Esprit ist schuldenfrei und gilt als vollständig saniert. Am 30. November 2020 hat das Insolvenzgericht Düsseldorf Beschlüsse zur Aufhebung der Insolvenzverfahren von sechs deutschen Tochtergesellschaften der Esprit-Gruppe gefasst. Damit bleibt die Esprit Holdings Limited alleinige Gesellschafterin dieser Töchter.
Das Unternehmen ist in Deutschland entschuldet. Es zahlt fast nur noch umsatzbezogene Mieten. Lieferanten, Sozialversicherer und Berufsgenossenschaften haben auf Forderungen verzichtet. Städte und Gemeinden haben die Gewerbesteuer erlassen. Esprit selbst wurde einer Rosskur unterzogen. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens sind insgesamt 33 Filialen sowie 10 Outlets geschlossen worden. Im Unternehmen verbleiben nur noch rund 1.100 Beschäftigte. Der Insolvenzplan, dem die Gläubiger Ende Oktober 2020 zugestimmt haben, sieht keine weiteren Sanierungsbeiträge dieser Beschäftigten vor. Gegenüber dem Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht hat das Unternehmen vielmehr erklärt, dass Esprit mit dem Insolvenzplan vollständig saniert sein wird.
Und plötzlich soll alles wieder anders sein? Acht Tage nachdem das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist, behauptet die Unternehmensleitung, Esprit sei weiterhin sanierungsbedürftig und fordert die Beschäftigten zur Kasse. Sie sollen u.a. auf weitere Tariferhöhungen, auf das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Zuschläge verzichten.
Ohne ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen und ohne einen konkreten Plan für die Zukunftssicherung zu haben, forderte die Arbeitgeberseite die ver.di-Bundestarifkommission auf, im Rahmen eines Sanierungstarifvertrages „wettbewerbsfähige Personalkosten“ – also stark abgesenkte Entgelte – zu verhandeln. Das ist das Gegenteil von Wertschätzung. Das ist soziale Kälte pur!
Auf Nachfrage der BTK erklärte die Arbeitgeberseite, dass nach Sanierungsende nicht die Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge stehen soll, sondern dauerhafte Änderungen der Arbeitszeitregelungen (z.B. bei den Zuschlägen) und der Vergütungsstruktur angestrebt werden. Die ver.di-Bundestarifkommission hat den Eindruck gewonnen, dass es Esprit ausschließlich um die dauerhafte Reduzierung der Entgelte geht. Doch die Beschäftigten brauchen Entgeltregelungen, die zum Leben reichen. Die Antwort auf geplante Altersarmut für die Esprit-Beschäftigten kann nur Widerstand heißen!
Die Bundestarifkommission hat sich gegenüber der Arbeitgeberseite klar positioniert:
Unterstützt die ver.di-Bundestarifkommission, organisiert euch und verteidigt die Tarifbindung!
PDF (213 kB)