Auch bei Amazon greift das Coronavirus um sich. In Koblenz musste bereits die gesamte Nachtschicht in Quarantäne geschickt werden, in Graben liegt die Zahl der Ansteckungsfälle schon im dreistelligen Bereich, und auch an anderen Standorten werden immer mehr Infektionsfälle registriert.
Überraschend ist das nicht, denn in den Versandzentren platzen die Pausen- und Sozialräume aus allen Nähten, in den Toiletten herrschen oft katastrophale Zustände. Die Luft in den Hallen ist schlecht, und Möglichkeit zum Durchatmen ist kaum vorhanden. Weiter erschwert wird das, weil die Gesundheitsämter in den meisten Fulfillment Centern das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für die komplette Arbeitszeit angeordnet haben. Die Wege durch die Hallen sind voller Menschen, denn um den erwarteten Peak im Weihnachtsgeschäft zu bewältigen, heuert der Konzern weiter ungebremst neue Kolleginnen und Kollegen an – ohne jedoch für gesunde Arbeitsbedingungen für alle zu sorgen!
Amazon hat in diesem Jahr Riesengewinne eingefahren. Trotzdem zeigt sich das Unternehmen geizig, wenn es um die Entlohnung der Beschäftigten geht. Weiterhin verweigert Amazon in Deutschland einen Anerkennungstarifvertrag, durch den die in den Tarifverträgen für den Einzel- und Versandhandel vereinbarten Leistungen übernommen werden. Für die Kolleginnen und Kollegen bedeutet das bares Geld, denn zum Beispiel das tarifvertraglich abgesicherte Weihnachtsgeld liegt deutlich über der von Amazon „freiwillig“ gezahlten Summe.
In einigen FCs plant Amazon außerdem, wie schon im Frühjahr einen Zuschlag von 2,- Euro pro Stunde zu zahlen – aber nur, wenn auch tatsächlich gearbeitet wird. Damit provoziert der Konzern inmitten der zweiten Corona-Welle, dass Kolleginnen und Kollegen trotz angegriffener Gesundheit zu ihrer Schicht erscheinen – und so im Zweifelsfall auch andere Beschäftigte gefährden.
In Graben hat das Unternehmen außerdem angekündigt, als Ausdruck der „Wertschätzung“ den Kolleginnen und Kollegen einen Warengutschein in Höhe von 40,- Euro zukommen zu lassen – aber nur für die Beschäftigten, die seit mindestens fünf Jahren bei Amazon beschäftigt sind und in dieser Zeit keine Krankheitstage vorzuweisen haben!
Eine echte Coronaprämie für alle Kolleginnen und Kollegen, die dieses Jahr zu einem so erfolgreichen für Amazon gemacht haben, ist das mindeste! Mit der Finanzierung hätte der Konzern kein Problem: Allein im dritten Quartal 2020 wurden 96 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht – das sind 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Zwischen Januar und September hat das Unternehmen einen Gewinn von 13,8 Milliarden Dollar eingestrichen.
Schon seit Jahren verlangt ver.di bei Amazon den Abschluss eines Tarifvertrags für gute und gesunde Arbeit. Die Erfahrungen der vergangenen Wochen und in diesen Tagen zeigen einmal mehr, wie berechtigt diese Forderung ist. Der Schutz der Gesundheit darf nicht vom guten Willen von Managern und Schichtleitern abhängig sein, sondern muss zuverlässig und verbindlich geregelt werden!
Nutzen wir die nächsten Wochen, den „Black Friday“ und das Weihnachtsgeschäft, um unsere Forderungen zu bekräftigen:
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