Mit über 5 Mio. Beschäftigten (rund 3,3 Mio. im Einzel- und 1,9 Mio. im Großhandel) ist der Handel eine der beschäftigungsstärksten Branchen Deutschlands. Insgesamt durchlaufen Einzel- und Großhandel in der jüngeren Vergangenheit Wachstumsphasen, die im Einzelhandel allerdings deutlich stärker ausgeprägt sind.
In vielen Bereichen geht das Wachstum aber auch mit einem massiven Verdrängungswettbewerb und Konsolidierungsprozessen einher. Insgesamt führen die gute Konjunktur und steigende Produktivität zu wachsenden Gewinnen. Die dadurch entstehenden Verteilungsspielräume kommen aber nur wenigen Beschäftigten zugute, vier der Top 10 der reichsten Deutschen sind Handelsunternehmer.
Alle Teilbranchen sind von einem stetigen Wandel gekennzeichnet. Durch die Digitalisierung verändern sich nicht allein Prozesse in den Unternehmen, auch Vertriebswege und Wertschöpfungsketten werden strukturell verschoben, Lieferketten greifen stärker ineinander.
Insbesondere der stark wachsende Onlinehandel erfordert von den Unternehmen neue Strategien, um sich im zunehmenden Wettbewerb zu behaupten. Nicht nur die stationären Ladengeschäfte sind hier gefordert. Zunehmender Direktvertrieb über Plattformen stellt auch grundlegende Funktionen des Großhandels in Frage. Ebenso wandeln sich die Anforderungen an Qualifikationen und Kompetenzen der Beschäftigten immer schneller: einmal erworbenes Wissen sollte fortwährend erweitert und aktualisiert werden.
Innovationen spielen auch im Handel eine immer größere Rolle. In (nahezu) allen Teilbranchen des Handels werden Omni- und Multi-Channel-Vertriebswege mit neuen Angeboten und Prozessen erschlossen, auch Warenwirtschaft und Logistik durchlaufen umfassende Veränderungen. Ebenso stellen die Globalisierung sowie ausdifferenzierende Kundenbedürfnisse – z. B. demografisch oder durch einen Wertewandel im Konsumverhalten bedingt – den Handel vor neue Herausforderungen.
Die Teilbranchen des Handels weisen dabei grundlegende Spannungs- und Handlungsfelder auf, die im Sinne der Sicherung von Zukunftsperspektiven und guter Arbeit der Gestaltung bedürfen. Insbesondere im Einzelhandel ist ein hoher Anteil der Beschäftigten in atypischen oder sogar prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig. Häufig tragen sie die Lasten des preisgetriebenen Wettbewerbs, in dem oftmals die Lohnkosten und Flexibilisierung als zentrale Stellschrauben instrumentalisiert werden.
Der vorliegende Studienbericht, kofinanziert durch die Gewerkschaft ver.di, fasst wesentliche Ergebnisse eines Projekts der Hans-Böckler-Stiftung zusammen. In dem vom IMU-Institut Berlin durchgeführten Projekt wurden zentrale Entwicklungslinien des Handels in Deutschland untersucht. Dazu wurden die Bereiche Groß- und Einzelhandel sowie jeweils ausgewählte Teilbranchen näher beleuchtet.
Ziel des Projekts ist es, Informationen über bisherige und aktuelle Entwicklungen im Handel bereitzustellen, um Diskussions- und Strategieentwicklungsprozesse zum Erhalt und zur Stärkung einer fairen wettbewerbsfähigen Handelsbranche zu unterstützen. Im Fokus stehen dabei beschäftigungs- und arbeitsorientierte Gestaltungsfelder, in denen Handlungsoptionen für die Träger der Mitbestimmung – die Sozialpartner – aufgezeigt werden.