Trotz Streikbrechern und Strafmaßnahmen

Unternehmer verschärfen Tarifkonflikt, doch die Kolleginnen und Kollegen halten weiter zusammen
09.08.2021
Streik bei REWE in Buttenheim

Mit Streikbrechern und Erpressung versucht Aldi im schleswig-holsteinischen Horst, den Arbeitskampf der Beschäftigten zu brechen. Nachdem die Kapitalseite in der ersten Verhandlungsrunde am 6. Juli 2021 für die rund 90.000 Beschäftigten des Einzelhandels in Schleswig-Holstein kein Angebot vorgelegt hatte, rief ver.di die Beschäftigten des Discounters zu einem mehrtägigen Ausstand von Donnerstag, 6. August, bis Sonntag, 8. August auf. Die ver.di-Streikposten mussten am Freitag jedoch feststellen, dass Beschäftigte anderer Aldi-Filialen als Streikbrecherinnen und Streikbrecher in Horst eingesetzt wurden. Zudem wurde aufgrund der Streikaktivitäten ein betrieblicher Impftermin zur Zweitimpfung gegen Corona abgesagt.

Die zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretärin Franziska Dieckmann ist entsetzt: „Das Aldi Streikbrecherinnen und Streikbrecher einsetzt, um den Arbeitsausfall auszugleichen, ist allein schon eine Provokation. Aber dass nun die Beschäftigten für den Streik bestraft werden sollen, zeigt deutlich, wie wenig Wertschätzung den Kolleginnen und Kollegen entgegengebracht wird, welche ihr grundgesetzlich verbrieftes Recht auf Streik ausüben.“ Man werde prüfen, inwieweit hier eine illegale Maßregelung von Streikenden vorliegt.

 
Streik bei Marktkauf in Bielefeld

Wir streiken weiter!

Weder in Schleswig-Holstein noch anderswo in Deutschland haben die Arbeitgeberverbände bisher sinnvolle und wertschätzende Angebote vorgelegt. Mit minimalen und tabellenunwirksamen Voraberhöhungen spielen sie auf Zeit und versuchen, die organisierten Kolleginnen und Kollegen zu spalten, anstatt echte Lösungen anzubieten.

Solange die Unternehmen ihre Blockadehaltung nicht aufgeben, streiken wir weiter! Die neue Runde begann in der vergangenen Woche am 3. August bei der Metro Ludwigshafen, die erstmals in dieser Tarifrunde bestreikt wurde. Am 4. August stimmten Lekkerland Frechen, Primark Gelsenkirchen, und Lekkerland in Mögglingen in den Streikkanon ein. Das Bofrost nicht nur kalt, sondern auch heiß kann, zeigten die Beschäftigten in der Niederlassung Dormagen, wo es am 5. August für alle Streikenden was vom Grill gab. Weitere 50 Kolleginnen und Kollegen streikten am selben Tag beim Rewe Zentrallager in Buttenheim. Dort gab es bei einer Kundgebung unter anderem Grußworte von der Bezirksgeschäftsführerin Tanja Goldgruber und dem DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt.

Der Freitag hat sich zu einem fast schon traditionellen Großstreiktag entwickelt. So ging es auch am 6. August wieder rund. Die Kolleginnen und Kollegen der Nachtschicht bei ThermoFischer zeigten deutlich: Wenn die Unternehmen denken, sie kriegen uns mit Nichtbeachtung klein, haben sie sich getäuscht! Auch bei Kaufland in Geldern, Dortmund-Hombruch und Arnsberg, sowie bei der Metro in Recklinghausen gingen die Streiks trotz Vorweganhebung weiter. Die Beschäftigten wollen einen sicheren Tariflohn statt Willkür. Marktkauf in Ibbenbüren, Gievenbeck und Loddenheide wurden ebenfalls bestreikt. In Duisburg versammelten sich die Kolleginnen und Kollegen von Oxoid Wesel, Ikea, Edeka Buchholz, Edeka Neudorf, Smyth Toy‘s, Douglas Moers, Douglas Viersen, H&M Neuss Rheinpark-Center, Bofrost Dormagen und Kaufland Geldern. Bei EKN Schnellkauf in Viersen wurden die Beschäftigten in einer kämpferischen Frühstückspause über die Tarifrunde informiert. Und trotz Regen kamen in Ostwestfalen knapp 4000 Teilnehmende zusammen, unter ihnen Beschäftigte von Marktkauf, Kaufland, Primark, Saturn, Real, Douglas, H&M und MM Graphia.

 
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit Streikenden in Erfurt

Keine Streikpause auch am Wochenende: Viele Kolleginnen und Kollegen setzten den Ausstand auch am Samstag fort. Außerdem gab es ein Streikfrühstück mit Programm in Bielefeld. Dabei waren knapp 100 Streikende von Douglas, H&M, Marktkauf, Real, Ikea, Saturn und Primark.

Wir verschaffen uns Gehör!

Die Streikenden mehrerer Thüringer Einzelhandelsbetriebe haben sich am Freitag in Erfurt mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) getroffen und dabei Themen von bundesweiter Bedeutung angesprochen. Neben der Frage des Schutzes des arbeitsfreien Sonntags ging es auch darum, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge zu erleichtern. Nur so kann der Missstand beendet werden, dass Unternehmen den Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten austragen.