Tarifpolitik

Der Handel erhebt seine Stimme

Der Handel erhebt seine Stimme

Unternehmer verweigern weiter Einigung in der Tarifrunde
Streikende demonstrieren am 13. August 2021 auf dem Hamburger Gänsemarkt ver.di Handel Hamburg Streikende demonstrieren auf dem Hamburger Gänsemarkt

17. August 2021. Seit mehreren Monaten laufen inzwischen die Tarifverhandlungen für die Kolleginnen und Kollegen des Einzel- und Versandhandels sowie des Groß und Außenhandel, doch anstatt sinnvolle Lösungen oder Kompromissbereitschaft an den Tag zu legen, versucht die Unternehmerseite, die Beschäftigten mit billigen Tricks und Spalterei abzuspeisen. Dabei sind vor dem Hintergrund, dass die Inflation und damit Kosten für Wohnen, Lebensmittel und Treibstoff immer weiter steigen, kräftige Erhöhungen der Einkommen dringend notwendig. Und für die Unternehmen auch verkraftbar. Die Kolleginnen und Kollegen im Lager, an der Kasse, an den Regalen und anderswo müssen für ihren außerordentlichen Einsatz insbesondere während der Pandemie am Gewinn beteiligt werden – und zwar nicht nur mit Applaus und leeren Worten.

Streik mit tierischer Unterstützung am 16. August 2021 in Buttenheim ver.di Handel Bayern Streik mit tierischer Unterstützung in Buttenheim

Im bayerischen Buttenheim streikten am Montag Beschäftigte im REWE -Lager gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen von H&M Bamberg für mehr Lohn und Wertschätzung im Handel. Sie konnten dabei auf tierische Unterstützung rechnen, denn mehrere Streikende hatten ihre Vierbeiner mitgebracht. Gleich für mehrere Tage, nämlich bis zum morgigen Mittwoch, 18. August, legten am Montag die Beschäftigten von ZARA Regensburg die Arbeit nieder.

Zweite Runde im Norden

Die Tarifparteien in Schleswig-Holstein gehörten in diesem Jahr zu den letzten, die sich an den Verhandlungstisch gesetzt haben. Das ändert leider nichts daran, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten auch dort die selbstmitleidige Leier der Unternehmer wie in den anderen Bundesländern anhören müssen. Auch zur zweiten Verhandlungsrunde am 10. August 2021 hat kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegen. In Mecklenburg-Vorpommern musste die zweite Verhandlungsrunde am vergangenen Donnerstag ebenfalls ergebnislos vertagt werden.

Die Krisengewinner verstecken sich hinter den Krisenbetrieben, die mehrheitlich gar nicht tarifgebunden sind.

Heike Lattekamp, ver.di

ver.di-Verhandlungsführerin Heike Lattekamp kritisiert: „Die Branche hat im Jahr 2020 den höchsten Umsatz seit über zwei Jahrzehnten eingefahren. Diesen Umsatz haben die Beschäftigten unter schwierigsten Bedingungen erwirtschaftet. Es ist inakzeptabel, dass Arbeitgeber für 2021 trotz der historischen Umsatzsteigerungen und Gewinne sowie der Belastungen der Beschäftigten erst nach zwei Nullmonaten eine Entgelterhöhung von gerade einmal zwei Prozent bieten. Bei der derzeitigen Teuerungsrate würde dies für die Beschäftigten einen Reallohnverlust bedeuten. Für Beschäftigte aus Unternehmen, die von der Pandemie betroffen sind, soll es 2021 gar keine Entgelterhöhung eben. Das zeigt, wie sich die Krisengewinner hinter den Krisenbetrieben verstecken, die mehrheitlich gar nicht tarifgebunden sind bzw. bestenfalls den Tarifvertrag anwenden.“

Dann bleibt die Arbeit eben liegen!

In dieser Situation ist von einer „Sommerpause“ in der Tarifrunde wenig zu spüren. Hunderte Kolleginnen und Kollegen zogen auch in der letzten Woche wieder mit Bannern, Parolen und Ratschen lautstark durch die Straßen, um gegen die Haltung der Unternehmer zu demonstrieren. So setzten sie am 13. August in der Essener Innenstadt mit einer beeindruckenden Menschenkette ein unübersehbares Zeichen. Im Einkaufstrubel zeigten sie so deutlich, wie viele sie sind, und riefen die Kundinnen und Kunden zu Solidarität auf.

In ganz Nordrhein-Westfalen wurden Filialen von Marktkauf, Primark, Douglas, Ikea, Kaufland und Real wiederholt bestreikt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil besuchte am 11. August in Bielefeld die Streikenden und sprach mit ihnen. Wir hoffen, dass er gut aufgepasst hat und unsere Forderungen mit in Kabinett und Bundestag nimmt.

Streikende demonstrieren am 13. August 2021 in Hamburg ver.di Handel Hamburg Streikende demonstrieren am 13. August 2021 in Hamburg

In Hamburg befanden sich Hunderte Beschäftigten teilweise von Donnerstag bis Sonnabend im Warnstreik. 13 Betriebe, darunter Filialen von H&M, Zara, Primark, Douglas, Netto, Rewe, Kaufland, Penny, Real und Ikea sowie H&M Logistik und Hermes Fulfillment, zogen in einem Demonstrationszug vom Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof durch die Innenstadt. Auf der Abschlusskundgebung am Gänsemarkt unterstützen Rednerinnen und Redner die Forderungen der Streikenden. Ein großer Schutzschirm, unter dem sich Kolleginnen und Kollegen sammelten, symbolisierte den Ruf nach der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge.


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