Von Arbeitgeberseite gab es in den Verhandlungen wieder nichts Neues. Statt sich der eigenen sozialen Verantwortung endlich bewusst zu werden, spielen sie erneut auf Zeit. Im Groß- und Außenhandel in Niedersachen-Bremen waren die Arbeitgeber nicht mal bereit nach der Mittagspause eine zweite, von ver.di angebotene Sondierungsrunde einzugehen.
Wir sind verhandlungsbereit, die Arbeitgeberseite ist am Zug!
Am Freitagvormittag (13.10.) findet im Rahmen eines bundesweiten Streiktages des Einzel- und Großhandels eine Kundgebung am Berliner Lustgarten statt. ver.di erwartet mindestens 1.000 Teilnehmer:innen. Die Gewerkschaft ruft seit Mittwoch, den 11.10. bis einschließlich Samstag, den 14.10. zur Arbeitsniederlegung auf.
Ende August waren die Tarifverhandlungen ohne ein neues Angebot der Arbeitgeber beendet worden. Das aktuelle Angebot sieht Reallohnverluste für die Beschäftigten vor, deren finanzielle Situation extrem angespannt ist. Viele unfreiwillig teilzeitbeschäftigte Frauen können ihre Fixkosten nicht mehr bestreiten. Die ver.di- Tarifkommissionen fordern eine Sicherung der Reallöhne und tabellenwirksame Erhöhungen, die das Entgeltniveau nachhaltig heben„, erklärt ver.di-Verhandlungsführerin Conny Weißbach.
Unterdessen gehen die Handelsunternehmen mit unterschiedlichen Strategien gegen die Streiks vor. Thalia versucht durch juristische Tricks Streiks bei dem Buchhändler zu unterbinden und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Die Arbeitgeberverbände haben ihren tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen empfohlen, nach fünf Nullmonaten eine Entgelterhöhung von 5,3 bzw. 5,1 Prozent zum 1. Oktober zu zahlen.
„Juristische Tricks können uns nicht stoppen und freiwillige Zahlungen bieten den Beschäftigten keinerlei rechtliche Sicherheit. Dies bieten nur Tarifverträge. Das wissen die Kolleg:innen und daher verfehlen die freiwilligen Zahlungen die gewünschte Wirkung. Die Beschäftigten lassen sich davon nicht beeindrucken und streiken weiter für eine Einigung per Tarifvertrag. Die Arbeitgeber müssen sich endlich am Verhandlungstisch bewegen und ein Angebot vorlegen, das langfristig tariflich gegen Armut und Altersarmut wirkt. Weitere Reallohnverluste bei dauerhaft steigenden Preisen sind für die Beschäftigten nicht verkraftbar“, so Weißbach weiter.
ver.di fordert in der Tarifrunde 2023 im Einzelhandel 2,50 Euro mehr Entgelt pro Stunde. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 250 Euro angehoben werden. Die Laufzeit des Tarifvertrages soll um 3 Monate verkürzt werden, um gleichzeitig mit den übrigen Tarifgebieten in die Verhandlungen starten zu können.
Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft ein Mindeststundenentgelt von 13,50 Euro.
Am 20. Oktober werden die Verhandlungen für die 195.000 sozialversicherungspflichtigen und 36.400 geringfügig Beschäftigten im Berlin- Brandenburger Einzelhandel fortgesetzt.
Am Freitag (13.10.2023) ruft die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Beschäftigten des Einzel- und Versandhandels sowie des Groß- und Außenhandels in den Landesbezirken Nord, Niedersachsen/Bremen, Berlin/Brandenburg, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz/Saarland, Hessen, Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg zum Streik auf. Nachdem sich bereits in den letzten Wochen Hunderttausende von Beschäftigten an Streiks und Aktionen beteiligt haben, werden bundesweit 10.000 Beschäftigte aus unterschiedlichen Betrieben des Einzelhandels, sowie des Groß- und Außenhandels erwartet. Die Streikenden treffen sich regional zu Kundgebungen oder bleiben vor ihren Betrieben. Mit dem bundesweiten Aktionstag erhöht die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber,nachdem in allen Tarifgebieten die Verhandlungen ergebnislos und ohne neues Angebot beendet wurden.
Die bisherigen Arbeitgeberangebote gehen an der Lebensrealität und den Existenznöten der Beschäftigten völlig vorbei. In einigen Tarifgebieten haben die Verhandlungen bereits im April dieses Jahres begonnen. Seitdem warten die Beschäftigten auf eine Entgelterhöhung als Respekt und Wertschätzung für ihre geleistete Arbeit. Für 2023 bieten die Arbeitgeber nach drei Nullmonaten eine tabellenwirksame Erhöhung von durchschnittlich 5,3 Prozent im Einzelhandel und nach vier Nullmonaten von 5,1 Prozent im Groß- und Außenhandel an. Das Angebot für 2024 fällt noch niedriger aus.
"Das ist als Antwort auf die steigenden Lebenshaltungskosten im letzten und in diesem Jahr völlig unzureichend. Bundesweite Streiks sind die logische Folge dieser Blockadehaltung“, sagte das für den Handel zuständige ver.di-Vorstandsmitglied Silke Zimmer. „Die Arbeitgeber im Handel müssen endlich verstehen, dass sie ihre Beschäftigten nicht mit warmen Worten, Vorauszahlungen und guten Tipps zum Sparen von der Straße holen können. Wer Streiks im Weihnachtsgeschäft verhindern will, muss sich am Verhandlungstisch bewegen“, so Zimmer weiter.
Die nächsten Verhandlungsrunden finden statt im Einzelhandel am 16. Oktober 2023 in Rheinland-Pfalz und im Groß- und Außenhandel am 19. Oktober 2023 in Nordrhein- Westfalen.