Nicht mal das regnerische Wetter der vergangenen Tage und Wochen hält die Streikenden im Handel nicht davon ab, sich für ihre Rechte und gegen die bislang untauglichen Angebote der Arbeitgeber zu behaupten! Bundesweit sind diese Woche weitere Streikaktionen umgesetzt worden und damit ist der Streiksommer noch lange nicht zu Ende! Bis die Arbeitgeber einsehen, dass weitere Reallohnverluste nicht akzeptabel sind!
ver.di NRW verstärkt den Druck auf die Arbeitgeber bei den laufenden Tarifverhandlungen für existenzsichernde Einkommen im Handel. Bislang haben die Arbeitgeber in den Verhandlungen lediglich Reallohnverluste angeboten. Die Reaktion kommt aus den Betrieben. In der Region Köln-Bonn wurden am Freitag, den 28.07.2023 die Beschäftigten der Betriebe Esprit Bonn, H&M auf der Kölner Hohe Straße, Handelshof in Köln-Poll, Ikea in Köln-Godorf, Kaufland in Köln-Kalk, SportScheck Köln und Zara auf der Schildergasse Köln zu Streiks aufgerufen. Die Beschäftigten von Ikea und Handelshof in Köln befanden sich damit bereits den zweiten Tag in dieser Woche im Streik.
Schon Anfang der Woche haben Streikende von Marktkauf und IKEA in Bielefeld eindrucksvoll gezeigt, was sie von der Hinhaltetaktik der Arbeitgeber halten. Und es geht weiter. Am Freitag, 28.07.23 werden deshalb erneut Beschäftigte aus ausgewählten Betrieben des Einzelhandels in Bielefeld und Gütersloh zum Streik aufgerufen.
„Obwohl die Tarifverträge bereits Ende April ausgelaufen sind, haben die Arbeitgeber bis heute keine Angebote vorgelegt, die den dramatischen Preissteigerungen etwas entgegensetzen. Die Arbeitgeber haben daher die Chance verpasst, den Beschäftigten zu zeigen, dass sie ihre Nöte ernst nehmen. Deshalb bekommen sie jetzt die Antwort aus den Betrieben“ erklärt die ver.di-Verhandlungsführerin für den Einzelhandel und den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen, Silke Zimmer.
„Die massiv gestiegenen Preise haben große Löcher in die Haushaltskassen der Beschäftigten gerissen. Auch im Juni lag die Inflationsrate für Lebensmittel unverändert hoch, in NRW bei 6,2 Prozent. Damit erleben die Verkäufer*innen im Lebensmitteleinzelhandel täglich weiter, wie die Preise der Produkte, die sie über die Kasse ziehen, teuer und damit für sie selbst weiter unerschwinglich sind. Sie fühlen sich mit ihren Sorgen und Nöten nicht ernst genommen. Nur tabellenwirksame Entgelterhöhungen sind nachhaltig und sorgen für gute Einkommen jetzt und in der Rente.“
Nach intensiven Verhandlungen am 05. Juli erbaten die Arbeitgeber im Einzelhandel eine Unterbrechung der vierten Verhandlungsrunde bis zum 13. Juli. Diesen Termin sagten sie im Nachgang ab und verschoben die weiteren Verhandlungen auf den 07. August.
Die Tarifverhandlungen für den Groß- und Außenhandel werden am 15. August fortgesetzt.
Die Streiks im bayerischen Handel für existenzsichernde Einkommen treffen am Donnerstag vor allem die Handelskonzerne. Dazu wurden die Beschäftigten in ausgewählten Betrieben am 03.08.2023 zu Streiks aufgerufen. Dies sind die Beschäftigten der Edeka Zentralläger in Eching, Gochsheim, Marktredwitz, Sachsen bei Ansbach und Schwabach, den Zentrallägern von Lidl in Anzing und Graben, dem Zentrallager von Penny in Eching, sowie den Zentrallägern von Rewe in Buttenheim und Eitting. Aufgerufen sind auch die Beschäftigten der Edeka Filialen in München, eurotrade am Flughafen München, Hoffmann Supply Chain in Odelzhausen, h&m in Ansbach, Augsburg, Donauwörth, Erlangen, Fürth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, München Nürnberg und Rosenheim, Ikea in Eching, Fürth und München Brunnthal, Kaufland in Dingolfing, Erding, Freising, Geretsried, Moosburg, München PEP und Euroindustriepark, Media Markt in Rosenheim, Metro in München und Neu-Ulm, Massimo Dutti in München, den Rewe Filialen in München, Saturn in Augsburg und Friedberg, Sport Scheck in München sowie Zara in Augsburg und München. Insgesamt werden über 80 Betriebe zum Streik aufgerufen. Einzelne Betriebe sind schon seit mehreren Tagen im Streik. Durch die Streikaktionen in den Zentrallägern kommt es zu Versorgungsengpässen, vor allem in den Filialen.
„Gerade die unteren Einkommensgruppen sind von den dramatischen Preissteigerungen besonders hart betroffen, deshalb ist ein weiterer Reallohnverlust für die Beschäftigten nicht zumutbar.“, so Hubert Thiermeyer, ver.di Verhandlungsführer im bayerischen Einzelhandel.
In Nürnberg findet unter dem Motto: “Schwedische Gardinen – Raus aus der Armutsfalle“ eine Streikaktion statt, die vor allem die Betriebe der schwedischen Konzerne h&m und Ikea in den Focus nimmt. Dazu wird erstmalig in der Fürther Innenstadt eine Streikversammlung stattfinden.
Die Tarifverhandlungen im bayerischen Groß- und Außenhandel gehen am 28.08.2023 in die sechste Runde. Die Tarifverhandlungen im bayerischen Einzelhandel werden am 16.08.2023 und im Buchhandel am 10.08.2023 fortgesetzt.
Das bisherige Angebot der Arbeitgeber im Einzel- und Versandhandel von 5,3% ab dem 1. Juli und weiteren 3,1% ab 1. April 2024 bedeutet für die Beschäftigten der Branche dauerhaft wirkenden Reallohnverlust. Angesichts solcher Zurückhaltung, wenn es um die Bedürfnisse und Existenzsicherung der Beschäftigten geht, müssen die Arbeitgeber mit weiteren Streiks unter Druck gesetzt werden,“ erklärt Marcel Schäuble, Landesfachbereichsleiter Handel der ver.di Hessen und Verhandlungsführer für den hessischen Einzel- und Versandhandel.
„Die Botschaft der Beschäftigten ist eindeutig: Wir woll'n mehr Kohle seh'n! Sie erwarten, dass sich die Arbeitgeber endlich am Verhandlungstisch bewegen. Die nächste gute Gelegenheit dazu ist der 7. August, wenn die Tarifverhandlungen in Nordrhein-Westfalen fortgesetzt werden. Würde dort ein wesentlich verbessertes Angebot vorgelegt, vielleicht sogar ein annehmbares Tarifergebnis erreicht, dann hätte das Auswirkungen auf die Tarifverhandlungen am 4. September in Hessen.
Nach rund vier Monaten Verhandlungen und weiter galoppierenden Preissteigerungen brauchen die Beschäftigten schnell Entlastung und deutliche Steigerungen bei den monatlichen Einkommen, um weiter über die Runden zu kommen,“ so Schäuble.