28. April 2022. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat nach einer Klage von ver.di die Satzung der Stadt Nagold zum verkaufsoffenen Sonntag am 1. Mai 2022 außer Kraft gesetzt. Somit darf der Einzelhandel am Tag der Arbeit nicht die Geschäfte öffnen. Der VGH folgte der Begründung der Gewerkschaft ver.di, dass der verkaufsoffene Sonntag und das damit von der Stadt verknüpfte Event nicht die erforderliche rechtliche Gewichtung hat.
ver.di-Landesbezirksleiter Martin Gross erklärt dazu: „Die Stadt Nagold wollte gegen alle Widerstände ausgerechnet am 1. Mai, dem Feiertag der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einen verkaufsoffenen Sonntag erzwingen. Gut, dass sie jetzt vom VGH die Quittung für diese Provokation erhalten hat. Wir freuen uns, dass am Sonntag nun in Nagold wie im Rest des Landes der Tag der Arbeit so begangen werden kann, wie es sich gehört: Als Feiertag.“
Die Mitglieder der Allianz für den freien Sonntag und sozialverträgliche Arbeitszeiten in Baden-Württemberg nehmen die Auseinandersetzung in Nagold zum Anlass, die besondere Bedeutung und den Schutz des arbeitsfreien Sonntags in Erinnerung zu rufen.
Auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten Menschen in ihrem Beruf als abhängig Beschäftigte nicht nur in der Gastronomie oder in der Pflege und Versorgung alter, kranker und behinderter Menschen, sondern in produzierenden Betrieben und am eigenen Bildschirm im Homeoffice zu Hause. Mit Blick auf die aktuellen Veränderungen in der Arbeitswelt werde besonders deutlich, wie wichtig die Unterbrechung der Arbeit und gemeinsame freie Zeit im Leben der Menschen sind. Das Bündnis erinnert daran, dass der Schutz der Sonn- und Feiertage im Grundgesetz und in der baden-württembergischen Landesverfassung ausdrücklich gewährleistet wird.
Die fortschreitende Digitalisierung und die immer stärker vernetzten Arbeitsabläufe höhlen den Sonntag stetig aus, so dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf den digitalen Plattformen unserer Arbeitswelt (Plattform-Ökonomie) immer weniger geregelte Arbeitszeiten erkennbar werden. Die damit verbundene zunehmende Entgrenzung der Arbeit und ständige Erreichbarkeit drohen zu einer Dauerbelastung für die Menschen zu werden. Nahezu selbstverständlich werden Ruhe und Zeit für die Familie, Freundschaften und Hobbies, Zeit für den Glauben und Erholung in die verbleibenden Nischen der Arbeitszeiten gelegt.
Die Allianz für den freien Sonntag wendet sich daher gegen die Vereinnahmung der Sonn- und Feiertage als regulären Arbeitstag in jedem Zweig der Arbeitswelt und tritt für eine konsequente Durchsetzung des arbeitsfreien Sonntags ein. Der Sonntag darf nicht zum Werktag werden.