Darin werden erstmals die direkten Lieferverbindungen von südafrikanischen Weinfarmen nach Deutschland untersucht. Die Studie weist nach, dass dabei schwere Verletzungen elementarer Rechte der Beschäftigten auf der Tagesordnung sind.
"Die Weinfarmen, die auch für den deutschen Markt produzieren, zahlen meist prekäre Löhne und behindern den gewerkschaftlichen Zusammenschluss. Das ist mit der sozialen Verantwortung von Unternehmen nicht vereinbar und muss mit einem Lieferkettengesetz unterbunden werden", so die Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dagmar Enkelmann, und das für den Handel zuständige ver.di-Bundesvorstandsmitglied, Stefanie Nutzenberger, anlässlich der Veröffentlichung der Studie.
"Bereits vor Corona war die Situation der Beschäftigten auf den Weinfarmen extrem prekär. Mit der Corona-Krise hat sich die Arbeitssituation dramatisch zugespitzt", erläutert Enkelmann. Dabei sei die Liste der Arbeitsrechtsverletzungen sehr lang.
So werde das in der EU seit langem verbotene hochgefährliche Herbizid Paraquat auf mehreren Farmen unter mangelhaftem Gesundheitsschutz gesprüht. "Das Trinkwasser müssen die Beschäftigten aus verunreinigten Kanälen schöpfen. Besonders die Situation von Leiharbeitenden ist dramatisch. Sie wurden über Jahre ohne soziale Sicherung ausgebeutet und stehen jetzt vor dem Nichts", so Enkelmann.
"Die Arbeitsrechtsverletzungen auf den untersuchten Farmen sind nur die Spitze des Eisbergs", sagt Enkelmann. Auf den Farmen, die Tankwein für deutsche Supermärkte produzierten, sei der wirtschaftliche Druck besonders hoch. "In diesem Bereich zahlen deutsche Importeure pro Liter Tankwein lediglich 60 Cent. Sie setzen die Produzenten in Südafrika dadurch unter erheblichen Preisdruck", sagt Enkelmann.
Laut Studie verbleiben nur 1,4 Prozent vom Preis, den die Kundinnen und Kunden im Discounterregal in Deutschland zahlen, bei den Beschäftigten vor Ort. 60 Prozent der Preismarge teilen sich die importierende Kellerei und der Einzelhandel in Deutschland auf.
Enkelmann fordert, angemessene Preise zu zahlen: "Es liegt auch in der Verantwortung der deutschen Importeure, die massive Krise vor Ort zu lindern." Der südafrikanische Produzentenverband geht davon aus, dass aufgrund eines vorübergehenden und erst kürzlich aufgehobenen Alkoholverkaufsstopps 21.000 Arbeiterinnen und Arbeiter im Weinsektor entlassen werden.
"Besonders die Ausbeutung von Saison- und Leiharbeitern, die aus den benachbarten Staaten kommen und durch Subunternehmer angestellt werden, ist so dramatisch, dass dies mit der Würde der Menschen nicht vereinbar ist", betont die Gewerkschafterin Stefanie Nutzenberger.
Besorgniserregend sei insbesondere auch die Verfolgung von gewerkschaftlichen Aktivitäten gegen die extreme Ausbeutung: "Auf mehreren untersuchten Farmen ist die Arbeit der südafrikanischen Gewerkschaft CSAAWU (Commercial Stevedoring Agricultural and Allied Workers Union) massiv behindert worden, bis hin zur Bedrohung und Entlassung von Gewerkschaftsaktiven", so das ver.di-Vorstandsmitglied.
Andererseits zeige die Untersuchung: "Wo sich Arbeiterinnen und Arbeiter unter hohem persönlichen Risiko gewerkschaftlich organisieren, können deutliche Verbesserungen erreicht werden."
Die Schlussfolgerung sei: "Wir dürfen die Debatte um Menschenrechte in Lieferketten nicht vom Recht auf gewerkschaftliche Organisierung abkoppeln. Deutsche Handelsunternehmen sind aufgefordert, hier umgehend zu handeln und den ersten Schritt zu tun, damit Kollektivverträge zur Voraussetzung für Lieferungsvereinbarungen mit Weinproduzenten in Südafrika gemacht werden."
Nutzenberger machte zudem ihre klare Erwartung an die Bundesregierung bei der Umsetzung eines Lieferkettengesetzes deutlich: "Gewerkschaftliche Rechte und Vereinigungsfreiheit müssen zum festen Bestandteil eines Lieferkettengesetzes werden, das deutsche Unternehmen zu verbindlichen sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards verpflichtet. Das ist längst überfällig."
Die Studie "Günstiger Wein, bitterer Nachgeschmack" wird gemeinsam von ver.di, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, dem Gewerkschaftsnetzwerk TIE (transnationals information exchange) sowie Partnerorganisationen aus Südafrika herausgegeben. Sie steht hier zum Download zur Verfügung:
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