Tarifpolitisches Neuland: Abschlüsse für den Groß- und Außenhandel erkämpft

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18.07.2024

Mit der Einigung für den Groß- und Außenhandel in Hessen am 14. Juli konnte ver.di in allen Tarifgebieten des Groß und Außenhandels Tarifabschlüsse erzielen. Den Durchbruch und ersten wegweisenden Abschluss hatten die Beschäftigten in Bayern bereits am 19. Juni erkämpft.

„Damit stehen nach einer sehr langen und harten Tarifrunde unsere Kolleginnen und Kollegen sowohl im Einzelhandel als auch im Groß- und Außenhandel in ganz Deutschland wieder unter dem Schutz rechtsverbindlicher Tarifverträge“, sagte Silke Zimmer, für den Handel zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Es sei eine sehr intensive Tarifrunde mit der höchsten Beteiligung an Aktionen und Streiks der letzten Jahre gewesen. „Nur durch die Ausdauer unserer Kolleg*innen konnten die Abschlüsse überhaupt erzielt werden“, sagte Zimmer, die den aktiven Beschäftigten in ganz Deutschland ausdrücklich für ihre Unterstützung in der Tarifrunde dankt.

Der Abschluss in Bayern diente als Orientierung für die anderen Bundesländer. Er beinhaltet im Wesentlichen

  • 5,1 Prozent mehr Geld ab Oktober 1. 2023,
  • 5 Prozent mehr ab 1. Mai 2024,
  • weitere 2 Prozent ab 1. Mai 2025,
  • eine Erhöhung der Auszubildendenvergütung pro Jahr um 60 Euro je Ausbildungsjahr,
  • 480 Euro jährlich für die betriebliche Altersvorsorge sowie
  • eine nicht auf vorherige Zahlungen anrechenbare Inflationsausgleichsprämie von 1.000 Euro (Teilzeitbeschäftigte anteilig, Auszubildende 500 Euro) sofern mit früheren Zahlungen eine Summe von insgesamt 3.000 Euro nicht überschritten wird.

„Nach den inflationsbedingten Reallohnverlusten seit 2020 waren die Erhöhungen dringend notwendig“ sagte Silke Zimmer. Die neuen Tarifverträge haben eine Laufzeit von 36 Monaten.

Ver.di konnte überdies mit den Arbeitgebern Vereinbarungen zu zentralen Zukunftsthemen erzielen. In naher Zukunft sollen Verhandlungen für Tarifverträge zur Digitalisierung, zur Fachkräftegewinnung und -sicherung sowie zur Alterssicherung aufgenommen werden.

Gemäß der seit Mitte Juni erzielten Abschlüsse im Groß- und Außenhandel  müssen Arbeitgeber und ver.di sich bis zum 1. Mai 2025 auf einen Tarifvertrag zur Einrichtung einer obligatorischen Pensionskasse für alle Beschäftigten geeinigt haben. Gelingt das nicht, werden die 480 Euro für die betriebliche Altersvorsorge in ein Prozent zusätzliche Lohnerhöhung ab 1. Mai 2025 umgewandelt.

„Mit dem Plan, die Einrichtung einer obligatorischen Pensionskasse per Tarifvertrag zu regeln, begeben wir uns einen wichtigen Schritt auf tarifpolitisches Neuland“, sagte Silke Zimmer. „Damit haben wir die große Chance, die Zukunft der Branche und insbesondere die Zukunft der Beschäftigten zu sichern und sie vor drohender Altersarmut zu schützen.“

Die einzelnen Abschlüsse in den Bundesländern findet ihr hier.