Schon kurz nach Eröffnung des neuen Insolvenzverfahrens bei Esprit am 1. August lösten sich die letzten Hoffnungen auf eine Fortführung als Modeunternehmen in Luft auf. Die Zerschlagung war schnell beschlossene Sache, als der nur an den Markenrechten interessierte Finanzinvestor Alteri grünes Licht für die Übernahme bekam. Die Folgen dieser Gläubigerentscheidung sind dramatisch: Alle 56 Filialen in Deutschland werden bis zum Jahresende dichtgemacht, rund 1300 Beschäftigte sollen auf die Straße gesetzt werden. Das ist ein skandalöser Vorgang mit vielen Facetten, an dem wir als Gewerkschaft ver.di scharfe Kritik üben.
Esprit will sich sozialer Verantwortung entziehen
Wieder einmal will sich ein Unternehmen aus dem Staub machen, ohne ausreichend soziale Verantwortung für die Beschäftigten und die Arbeitsplätze übernommen zu haben. Die Hauptgesellschaft des Konzerns, die Esprit-Holding, ist nicht insolvent und wird weiterhin von ihrem Hauptsitz Hongkong aus operieren. Auch in diesem Fall nutzen Unternehmen ein Schutzschirmverfahren, um unter dem Deckmantel einer Insolvenz leichter Arbeitsplätze zu vernichten. Das geschieht immer öfter und ist ein Riesenskandal, der auch politische Gegenmaßnahmen erfordert.
Die Esprit-Beschäftigten haben über Jahre auf Entgeltbestandteile verzichtet, um dem Unternehmen bessere Chancen für eine zukunftsfähige Entwicklung zu verschaffen. Sie haben seit dem ersten Insolvenzverfahren im Jahr 2020 die Konzeptionslosigkeit der Konzernspitze abgefedert und trotz starker Belastungen den Laden am Laufen gehalten. Alle Forderungen aus den Belegschaften, von Betriebsräten und aus unserer ver.di-Tarifkommission, die Beschäftigten an der Ausgestaltung eines Zukunftskonzepts zu beteiligen, wurden schlichtweg ignoriert. Zuletzt war nicht mehr klar erkennbar, wofür eigentlich Esprit in einem hart umkämpften Umfeld steht und was die Kundinnen und Kunden erwartet.
Das jetzt beschlossene endgültige Aus ist extrem bitter für alle Kolleg*innen. Sie organisieren noch den Abverkauf und halten trotz aller Widrigkeiten den Geschäftsbetrieb vorerst aufrecht. Das ist ihnen hoch anzurechnen und sollte auch materielle Anerkennung durch die Konzernleitung finden.
Was passiert zurzeit und wie geht es weiter?
Zurzeit laufen Verhandlungen zwischen dem Gesamtbetriebsrat und Esprit über die weiteren Bedingungen, die für die Beschäftigten nun notwendig sind. Die langjährig beschäftigten Kolleginnen und Kollegen haben schon genug Zeiten von Unsicherheit und harter Umstrukturierung erlebt. Sobald die Verhandlungen mit dem GBR abgeschlossen sind, werden wir alle Mitglieder in einem Anschreiben über ihre Ansprüche und die rechtliche Basis informieren.
Wichtig ist für alle:
Hände weg vom Kugelschreiber! Unterschreibt keine Vereinbarung, ohne euch vorher rechtlich abgesichert zu haben. Wer ohne Beratung unterschreibt, gefährdet seine Rechte.
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